7 März 2023

Arztbesuch während der Arbeitszeit – das musst du dazu wissen

Die Rechte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

Wenn es um Arztbesuche geht, gibt es einerseits den ungeplanten Arztbesuch und andererseits die geplanten Termine. Hin und wieder ist davon wohl jeder Arbeitnehmer einmal betroffen. Aber wie verhält es sich eigentlich mit dem Arztbesuch während der Arbeitszeit? Sind Arbeitnehmer in dieser Zeit generell freigestellt oder nicht und wie sieht es in dieser Zeit mit der Bezahlung aus?

Der Arztbesuch während der Arbeitszeit

Wenn dein Mitarbeiter akut erkrankt, kann er während der Arbeitszeit mit Lohnfortzahlung zum Arzt gehen. Denn dann stellt er sicher, dass niemand sich bei ihm ansteckt und seine Arbeitskraft möglichst schnell wieder zur Verfügung steht. Ist das nicht der Fall, handelt es sich also beispielsweise um Vorsorgeuntersuchungen oder andere planbare Termine, ist dein Arbeitnehmer verpflichtet, den entsprechenden Termin außerhalb der Arbeitszeit zu legen.

Diese Regelung ist allerdings nicht im Gesetz festgehalten. Demnach ist es durchaus möglich, durch einen Tarifvertrag oder auch den individuellen Arbeitsvertrag eine andere Regelung zu treffen.

Gilt ein Arztbesuch als Arbeitszeit?

Grundsätzlich ist jeder Arztbesuch erst einmal eine Privatsache und damit ist er keine Arbeitszeit. Die Lohnfortzahlung ist demnach nicht zu leisten. Wenn Arbeitnehmer dennoch der Meinung sind, sie müssten einen planbaren Arztbesuch während ihrer Arbeitszeit vereinbaren, dann handelt es sich um eine unbezahlte Freistellung.

Ausnahmen von der Regel

Wo es eine Regel gibt, muss natürlich auch mindestens eine Ausnahme vorhanden sein. Und in diesen Fällen gilt der Arztbesuch dann doch als Arbeitszeit:

  • Arztbesuch in der Schwangerschaft: Schwangere Mitarbeiterinnen sind auch in der Arbeitszeit für den Arztbesuch bezahlt freizustellen, wenn es sich um eine Vorsorgeuntersuchung handelt. Dann steht der Schutz von Mutter und Kind über dem Anspruch, dass du deinen Arbeitnehmer auf der Arbeit haben möchtest. Diese Regel fällt unter das Mutterschutzgesetz (intern verlinken). In § 7 Satz 1 und § 23 MuSchG findet sich die Vorschrift, dass du erforderliche Vorsorgeuntersuchungen bezahlt freistellen musst. Andere krankheitsbedingte Termine sind außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen.
  • Erste Nachuntersuchung: Der Schutz der Jugend ist dem Gesetzgeber ein besonderes Anliegen. § 33 Jugendarbeitsschutzgesetz (JuArbSchG) regelt, dass du deine jugendlichen Arbeitnehmer, also minderjährige Beschäftigte, während der Arbeitszeit zu einer gesetzlich vorgeschriebenen ersten Nachuntersuchung schicken sollst.

Dann gilt ein Arztbesuch während der Arbeitszeit als tatsächliche Arbeitszeit

Arzttermine in der Arbeitszeit – nur bei akuter Krankheit?

Gerade in einem Tarifvertrag sind Dinge wie der Arztbesuch und der Umgang mit der Arbeitszeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber klar geregelt.

Für alle Arbeitnehmer gelten diese Regeln:

  • Der Arzttermin muss medizinisch notwendig sein.
  • Es muss eine Untersuchung sein, die nur zu bestimmten Zeiten am Tag durchgeführt werden kann, etwa eine Blutuntersuchung, bestimmte CT- oder Röntgenaufnahmen.
  • In absehbarer Zeit muss es unmöglich sein, den Termin außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen.
  • Die Arztpraxis stellt keine Termine außerhalb der Arbeitszeit zur Verfügung, obwohl der Arbeitnehmer diesen Wunsch geäußert hat.

Dabei gilt dann als Arbeitszeit beziehungsweise bezahlte Freistellung nicht nur die reine Zeit des Arzttermins, sondern auch die Wegezeit hin und zurück. Als Wegezeit kann der Arbeitnehmer aber keine freien Fantasiezeiten angeben. Es wird höchstens die Zeit gewertet, die der Arbeitnehmer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt gebraucht hätte.

Auf keinen Fall gelten solche Termine als Arbeitszeit, die jährlich anfallen, etwa Krebsvorsorge oder Zahnvorsorge. Akute Zahnschmerzen hingegen können durchaus in der Arbeitszeit bezahlt behandelt werden.

Die Regelungen zum Arztbesuch während der Arbeitszeit gehen sogar noch etwas weiter. Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, dass ein Arbeitnehmer einen Arztbesuch in der Arbeitszeit wahrnimmt. Das BGB, also das Bürgerliche Gesetzbuch, findet dafür klare Worte. Der Arbeitnehmer hat weiter Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn er vergleichsweise kurz ausfällt, also verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ausfällt, wenn der Grund in seiner Person liegt und er ohne sein eigenes Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Wenn dein Arbeitnehmer also konkret beim Arzt um einen Termin außerhalb der Arbeitszeit gebeten hat, dieser aber keinen Termin zur Verfügung gestellt hat, musst du ihn dennoch bezahlt freistellen. Denn manch ein Arzt hat seine geplanten Termine ausschließlich in der Kernarbeitszeit deiner Arbeitnehmer. Jetzt könntest du als Arbeitgeber natürlich argumentieren, dass dein Arbeitnehmer doch bitte den Arzt wechseln soll. Da aber § 76 SGB V (Sozialgesetzbuch) den Grundsatz der freien Arztwahl regelt, kannst du den behandelnden Arzt nicht vorschreiben.

Auch Versuche, entsprechende Regelungen in den Arbeitsvertrag einfließen zu lassen, wurden gerichtlich bereits als unwirksam erklärt.

§ 616 BGB konkret

Ein Grund in der eigenen Person liegt dann vor, wenn dein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit beispielsweise akute Blinddarmschmerzen, Brustschmerzen oder Zahnschmerzen bekommt. Die müssen logischerweise sofort behandelt werden. Hier ist unter Umständen sofortiges Handeln nötig und das kann nicht erst außerhalb der Arbeitszeit geschehen.

Geht der Arzt überhaupt nicht auf den Wunsch des Arbeitnehmers ein und bietet einfach keine Termine außerhalb der Dienstzeit an, auch wenn das konkret angesprochen wird, dann musst du deinen Arbeitnehmer bezahlt freistellen. Auch ein Arztbesuch, der eben nicht monatelang warten kann, bis endlich ein Arzttermin außerhalb der Arbeitszeiten frei ist, darf während der Arbeitszeit wahrgenommen werden. Um eventuelle Unstimmigkeiten auszuschließen, kann sich der Arbeitnehmer vom Arzt bescheinigen lassen, dass dieser Arztbesuch zu keinem anderen Termin möglich war.

Auch außerhalb einer akuten Erkrankung, beispielsweise Termine, die nur auf nüchternen Magen durchgeführt werden können, sind ein Grund, während der Arbeitszeit zum Arzt zu gehen.

§ 616 BGB sagt also, dass der Arbeitnehmer "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" durchaus fehlen darf, dass er die Sprechstunden des Arztes einhalten muss und dass ein akuter Termin als bezahlte Arbeitszeit gilt.

Erzeugt ein Arzttermin direkt Minusstunden?

§ 616 BGB drückt sich in einigen Belangen recht schwammig aus, was die Arztbesuche während der Arbeit angeht. Grundsätzlich solltest du Anspruch auf bezahlte Freistellung haben. Um auf Nummer sicher zu gehen, solltest du die entsprechenden Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge zu Rate ziehen. Denn der zur Dienstleistung Verpflichtete muss sich grundsätzlich an die Regelungen von seinem Arbeitgeber halten.

Fest steht, dass beispielsweise für Impfungen eine Freistellung erfolgen sollte. Ob es allerdings eine bezahlte Freistellung sein muss, das ist schriftlich nicht zu finden. Das gilt auch für die aktuellen Corona-Impfungen. Ist ein Arbeitnehmer auf Vollzeit beschäftigt, ist die Wahrscheinlichkeit für eine bezahlte Freistellung größer, als wenn jemand auf Teilzeit angestellt ist. Denn Vollzeit bedeutet einfach wesentlich mehr Arbeitszeiten als Teilzeit und Arztbesuche sind oft nur während der Arbeitszeiten zu realisieren.

Was ist mit Unternehmen mit Gleitzeit?

Wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Gleitzeit anbietet, sind die Arbeitnehmer verpflichtet, die Arzttermine außerhalb der Arbeitszeiten zu legen. Eine bezahlte Freistellung findet dann nur im Akutfall statt. Ist ein solcher Arzttermin nur in der Zeit der Arbeit möglich, kann der Arbeitgeber dafür eine Bescheinigung verlangen.

Wie sollten Minijobber ihre Arztbesuche legen?

Minijobber werden im Arbeitsrecht wie alle anderen Arbeitnehmer behandelt. Der Arbeitgeber muss sie also im Akutfall ebenfalls für Arztbesuche bezahlt freistellen. Planbare Arztbesuche sind davon ausgenommen, denn der Minijobber hat ja einen zeitlich viel größeren Spielraum.

Kann man Arztbesuche in die Homeoffice Zeit legen?

Homeoffice wird im Arbeitsrecht wie normale Arbeitszeit behandelt. Während der Zeit der Arbeit hat der Arbeitgeber ein Recht auf diese Arbeit. Auf jeden Fall sollte der Arbeitgeber über den anstehenden Arztbesuch informiert werden und auch die eventuell geplante Dauer des Arztbesuchs sollte bekanntgegeben werden.

Wie wird mit einem Arztbesuch für das Kind umgegangen?

Wenn das Kind jünger als 12 Jahre ist, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn das Kind akut krank wird. Dann hat der Arbeitnehmer sogar Anspruch auf Krankengeld. Manche Arbeitgeber gewähren ihren Arbeitnehmern sogar für ein krankes Kind 5 Tage Extra-Urlaub.

Muss ein Nachweis über den Arztbesuch erfolgen?

Grundsätzlich hast du als Arbeitgeber keinen rechtlichen Anspruch auf einen Nachweis. Dennoch sollten sich Arbeitnehmer Sicherheit verschaffen und im Zweifelsfall einen Nachweis erbringen. Denn dann ist direkt klar, dass der Arztbesuch während der Arbeitszeit nötig war.

Der Arztbesuch während der Arbeitszeit in der Übersicht

Generell ist und bleibt der Arztbesuch eine Privatsache, die der Arbeitgeber nicht zu tragen hat. Es gibt aber etliche Ausnahmen:

  • akute Erkrankung
  • Untersuchungen, die nur zu festen Terminen angeboten werden
  • wenn kein anderer Termin frei ist
  • wenn der Arzt sehr unflexibel Arzttermine vergibt
  • Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft und Mutterschaft
  • erste Nachuntersuchung nach Jugendarbeitsschutzgesetz

In all diesen Fällen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlte Freistellung.

Eine frühzeitige Kommunikation mit dem Arbeitgeber lohnt sich auf jeden Fall. Denn im Zweifelsfall kann dieser die Gründe nachvollziehen und macht dann auch außerhalb der Gleitzeit oder für einen Teilzeitjob Ausnahmen möglich.

Für dich als Arbeitgeber ist es außerdem sinnvoll, dass du Fehlzeiten gut und übersichtlich dokumentierst. Um das zu realisieren, gibt es gute HR Software. Hier kannst du erst einmal eine Fehlzeit eintragen und dann den Freistellungsanspruch, gegebenenfalls auch den Anspruch auf Lohnfortzahlung überprüfen. So kannst du deinem Mitarbeiter auch stets eine Übersicht geben, wie oft und aus welchen Gründen er gefehlt hat. Eine manuelle Übersicht muss so oder so fehlerbehaftet sein und kann den Freistellungsanspruch eventuell übersehen. Mit einer guten Software kann dich dein Mitarbeiter frühzeitig über den Besuch beim Arzt und auch über geplante Arzttermine informieren. Auch für Schichtpläne kann das sinnvoll sein.

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