Der Verlust einer Schwangerschaft ist emotional belastend – auch im Arbeitskontext
Der Verlust eines Kindes in der Schwangerschaft ist ein tiefer Einschnitt – körperlich wie seelisch. Für betroffene Frauen bedeutet eine Fehlgeburt nicht nur das Ende einer Hoffnung, sondern oft auch eine Phase intensiver Trauer, Unsicherheit und körperlicher Erschöpfung. Inmitten dieses Ausnahmezustands steht häufig der nächste Arbeitstag schon vor der Tür – als wäre nichts geschehen. Doch genau hier beginnt die Verantwortung von Arbeitgebern.
Dabei geht es nicht nur um die gesetzlichen Vorgaben, sondern auch um die Unternehmenskultur: Wird offen gesprochen? Gibt es Ansprechpersonen? Besteht Raum für Emotionen? Unternehmen, die hier Haltung zeigen, stärken nicht nur das Vertrauen – sie tragen auch aktiv zur psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bei. In diesem Artikel beleuchten wir besonders das Thema Mutterschutz und wie das Gesetz mit dieser Situation umgeht.
Neue gesetzliche Regelung ab dem 01.06.2025: Mutterschutzfristen bei Fehlgeburten
Mit dem am 24. Februar 2025 verabschiedeten Mutterschutzanpassungsgesetz wird eine bedeutende Lücke im Mutterschutzrecht geschlossen. Ab dem 01. Juni 2025 gilt: Wer eine Fehlgeburt nach der 20. Schwangerschaftswoche erleidet, erhält künftig einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Mutterschutz, unabhängig vom Gewicht des Kindes.
Diese Änderung bedeutet eine längst überfällige Anerkennung der seelischen und körperlichen Belastung, die mit einem Schwangerschaftsverlust verbunden ist. Unternehmen sollten die Neuregelung zum Anlass nehmen, interne Richtlinien, HR-Prozesse und die Kommunikation im Umgang mit Schwangerschaftsverlust zu überdenken und neu auszurichten.
Staffelung der Schutzfristen nach Schwangerschaftswoche
Erstmals regelt das Mutterschutzgesetz (§ 3 Abs. 5 MuSchG n. F.) konkrete Schutzfristen auch für Fehlgeburten. Je nach Fortschritt der Schwangerschaft gelten ab dem 01.06.2025 folgende Beschäftigungsverbote:
- 🟠 Ab der 13. Schwangerschaftswoche: zweiwöchige Schutzfrist
- 🟠 Ab der 17. Schwangerschaftswoche: sechs Wochen Schutzfrist
- 🟠 Ab der 20. Schwangerschaftswoche: acht Wochen Schutzfrist
In diesen Zeiträumen dürfen betroffene Mitarbeitende nicht beschäftigt werden, es sei denn, sie erklären ausdrücklich ihren Wunsch zur früheren Rückkehr. Auch hier gilt: Der Schutz soll nicht einschränken, sondern entlasten.
Diese gesetzliche Staffelung erkennt endlich an, dass der Verlust eines Kindes auch ohne Lebenszeichen und unabhängig vom Gewicht ein gravierendes Ereignis ist, das Schutz und Zeit zur Verarbeitung erfordert.
Warum das Thema für Unternehmen und HR-Abteilungen relevant ist – und nicht nur vor dem Gesetz
Fehlgeburten sind kein Randthema – sie betreffen Frauen in allen Branchen, Hierarchien und Lebenssituationen. Unternehmen, die Verantwortung für ihre Mitarbeitenden übernehmen wollen, müssen sich mit der Frage beschäftigen, wie sie betroffene Frauen im Arbeitsalltag auffangen können. Das Thema betrifft nicht nur die Personalabteilungen, sondern auch Führungskräfte und Teams. Arbeitgeber sind nicht nur juristisch, sondern auch menschlich gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen – von klaren Regelungen bis zu einer wertschätzenden Kommunikation. Die Rechte betroffener Frauen sind dabei ebenso relevant wie eine sichtbare Unternehmenskultur, die Empathie zeigt.
Wann spricht man von einer Fehlgeburt?
Von einer Fehlgeburt spricht man in Deutschland, wenn das ungeborene Kind vor der vollendeten 24. Schwangerschaftswoche stirbt, keine Lebensmerkmale außerhalb des Mutterleibs aufweist und weniger als 500 Gramm wiegt. Diese gesetzlich definierte Grenze ist wichtig für die arbeitsrechtliche und medizinische Einstufung. Sobald das Gewicht 500 Gramm beträgt oder die Schwangerschaft weiter fortgeschritten ist, wird juristisch von einer Totgeburt gesprochen. Für die betroffenen Eltern, insbesondere für die Frauen, ist diese Unterscheidung jedoch häufig sekundär – der Verlust bleibt bestehen. Dennoch hat diese Definition große Auswirkungen auf den Anspruch auf Leistungen und Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz.
Gilt Mutterschutz nach einer Fehlgeburt?
Bisherige Regelung (vor dem 01.06.2025):
Grundsätzlich bestand kein automatischer Anspruch auf Mutterschutz nach einer Fehlgeburt – es sei denn, es handelte sich um eine Totgeburt (ab 500 Gramm oder nach der 24. SSW). In der Praxis bedeutete dies: Die betroffene Frau war auf eine Krankschreibung angewiesen, um Zeit zur Verarbeitung und Genesung zu erhalten.
Neue Regelung ab dem 01.06.2025:
Mit dem Mutterschutzanpassungsgesetz wird festgelegt:
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Ab der 20. Schwangerschaftswoche gilt eine Fehlgeburt rechtlich als mutterschutzrelevant, selbst wenn das Gewicht unter 500 Gramm liegt.
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Die betroffene Frau erhält ab diesem Zeitpunkt Mutterschutzfristen, vergleichbar mit denen nach einer Geburt.
Diese Änderung ist ein Meilenstein für die Anerkennung des Verlusts und die Entlastung der betroffenen Frauen – und sie stellt auch Arbeitgeber vor neue Anforderungen.

Krankschreibung nach Fehlgeburt: Was gilt arbeitsrechtlich?
Arbeitgebende sollten hier mit Vertrauen, Respekt und Geduld reagieren. Es gilt: Kein Druck, keine Bewertung – sondern Verständnis für die individuelle Situation.
Nach einer Fehlgeburt haben betroffene Frauen in der Regel Anspruch auf eine Krankschreibung durch ihre Ärztin oder ihren Arzt. Die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit hängt stark vom individuellen Fall ab. Körperliche und psychische Belastungen spielen hierbei eine entscheidende Rolle. In vielen Fällen dauert die Krankschreibung mehrere Tage bis Wochen. Arbeitgeber sollten hier weder drängen noch urteilen – der Heilungsprozess ist so individuell wie der Mensch selbst. Rechtlich gesehen gelten nach einer Fehlgeburt die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie bei jeder anderen Erkrankung. Dennoch ist der Umgang mit dem Thema im Unternehmen entscheidend dafür, ob sich betroffene Frauen ernst genommen und geschützt fühlen. Selbst, wenn es also nach dem Verlust des Kindes keinen Mutterschutz gibt, weil die Schwangerschaft noch nicht so weit fortgeschritten war, haben die betroffenen Frauen vor dem Gesetz Rechte.
Wie sollten Arbeitgeber reagieren?
Empathie, klare Kommunikation und aktive Fürsorge sind das A und O. Arbeitgeber sollten nicht zögern, Unterstützung anzubieten – aber ohne Druck oder Bevormundung. Oft hilft es bereits, in Gesprächen Raum für Emotionen zu lassen und gleichzeitig transparent über mögliche Regelungen zu informieren. Nichts ist für Betroffene belastender, als im Arbeitsumfeld auf Schweigen oder Unverständnis zu stoßen. Arbeitgebende können durch gezielte Fortbildungen, interne Leitlinien und klar benannte Ansprechpersonen einen wichtigen Beitrag leisten.
- 🛡️ Schutzräume schaffen: Biete betroffenen Frauen die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum zurückzuziehen, um emotionale Pausen einzulegen.
- ⏰ Flexible Arbeitszeiten ermöglichen: Passe die Arbeitszeiten individuell an, um den Heilungsprozess zu unterstützen und den Frauen die nötige Flexibilität zu geben.
- 🤝 Empathie im Team fördern: Schule dein Team im einfühlsamen Umgang mit Betroffenen, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen.
- 🗣️ Interne Kommunikation verbessern: Entwickle klare Kommunikationsleitlinien, um das Thema Fehlgeburt sensibel und respektvoll im Unternehmen zu adressieren.
- 🛠️ HR-Tools nutzen: Implementiere Softwarelösungen, um Ausfallzeiten effizient zu verwalten und die Wiedereingliederung zu erleichtern.
- 👂 Regelmäßige Check-ins: Führe regelmäßige Gespräche mit betroffenen Frauen, um deren Bedürfnisse zu verstehen und Unterstützung anzubieten.
- 👩⚕️ Externe Unterstützung bereitstellen: Arbeite mit externen Beratern oder Therapeuten zusammen, um professionelle Hilfe anzubieten.
Diese Maßnahmen senden ein klares Signal: Du bist nicht allein.
Wiedereingliederung und Rückkehr an den Arbeitsplatz
Die Rückkehr ins Berufsleben ist oft mit Angst, Scham oder Überforderung verbunden.
Die Rückkehr in den Job nach einer Fehlgeburt ist für viele Frauen eine Herausforderung, insbesondere wenn die Mutterschutz Dauer nicht ausreicht. Neben der körperlichen Genesung spielt vor allem die emotionale Belastung eine große Rolle. Führungskräfte und Kollegschaft sollten in solchen Situationen mit Einfühlungsvermögen und Offenheit reagieren. In manchen Fällen kann ein gestaffelter Wiedereinstieg – ähnlich wie nach längerer Krankheit – sinnvoll sein. Auch hier gilt: Eine individuelle Lösung, die mit der betroffenen Frau abgestimmt wird, ist besser als eine starre Vorgabe. Schutzräume, flexible Arbeitszeiten und verständnisvolle Kommunikation sind zentrale Bausteine für eine gelungene Rückkehr.
HR-Perspektive: Was Unternehmen präventiv tun können
Es ist nicht die Frage, ob ein solcher Fall im Unternehmen auftritt – sondern wann. Deshalb gilt:
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Entwickle präventive Leitfäden,
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benenne geschulte Ansprechpersonen,
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sensibilisiere Führungskräfte,
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fördere eine offene, empathische Unternehmenskultur.
Je besser Unternehmen vorbereitet sind, desto natürlicher und unterstützender ist die Reaktion im Ernstfall.
Die Initiatorin Natascha Sagorski von der Petition zeigt: Der gesellschaftliche Wandel hat begonnen – Unternehmen können und sollten diesen aktiv mitgestalten.
Rechtlicher Überblick und aktuelle Initiativen
Neben dem Mutterschutzgesetz gelten auch:
Organisationen wie die IKK Südwest oder Elterninitiativen fordern seit Jahren mehr Klarheit und Unterstützung. Der gesellschaftliche Diskurs wird zunehmend von Erfahrungsberichten aus dem Gesundheitswesen, von Fachpersonal und Betroffenen getragen. Mit dem neuen Gesetz geht der Staat einen wichtigen Schritt – Unternehmen können diesen Wandel mittragen.
Umgang im Team: Wie das Kollegium unterstützen kann
Nicht nur Führungskräfte – auch das Kollegium spielt eine entscheidende Rolle. Fragen wie „Was sage ich?“ oder „Soll ich das Thema ansprechen?“ verunsichern viele. Die Erfahrung zeigt jedoch:
Ein echtes, empathisches „Es tut mir leid“ ist oft wertvoller als Schweigen.
Teams können durch:
In vielen Unternehmen haben sich auch Peer-Support-Gruppen oder vertrauliche Ansprechpersonen etabliert – ein Zeichen echter Fürsorge.

Digitale Unterstützung beim Thema Mutterschutz: Wie HR-Tools wie Shiftbase helfen können
Moderne HR-Softwarelösungen wie Shiftbase bieten eine wertvolle Unterstützung bei der Verwaltung sensibler Ausfallzeiten – auch im Fall einer Fehlgeburt, wenn Frauen oft in die Klinik müssen. Ob es um transparente Abwesenheitsregelungen, flexible Dienstplanung oder die strukturierte Wiedereingliederung geht: Mit digitalen Tools lassen sich Prozesse menschlich gestalten und gleichzeitig rechtssicher abbilden. So schaffen Unternehmen einen professionellen Rahmen, der den betroffenen Frauen den Raum gibt, den sie brauchen – und gleichzeitig den Überblick im Team wahrt.
Fordere am besten direkt deine kostenlose Demoversion an, mit der du Themen wie die Schutzfrist und mehr korrekt abdecken kannst.