Wenn ein Arbeitsverhältnis endet oder Mitarbeitende lange krank sind, taucht in der HR-Praxis immer dieselbe Frage auf: Was passiert mit dem nicht genommenen Urlaub? Genau hier führt das Thema Urlaubsabgeltung häufig zu Unsicherheiten – und zu teuren Fehlern in der Lohnabrechnung.
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- Urlaubsabgeltung ist die finanzielle Auszahlung nicht genommenen Urlaubs. Sie ist nur erlaubt, wenn Urlaub nicht mehr in natura genommen werden kann (z. B. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses).
- Geregelt in § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).
- BAG-Urteil vom 03.06.2025: Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub ist nicht möglich — auch nicht mittels Vergleich oder Aufhebungsvertrag.
Anspruch besteht insbesondere:
- Bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag, wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann.
- Bei Langzeiterkrankung, wenn Urlaub nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses genommen werden kann.
- Bei Teilzeit- und Minijob-Beschäftigten proportional vollständig.
Kein Anspruch:
- Wenn der Urlaub hätte genommen werden können, aber nicht beantragt wurde.
- Wenn Urlaub rechtswirksam verfallen ist (selten, wegen strenger Hinweispflichten).
Was bedeutet Urlaubsabgeltung grundsätzlich?
Auch ohne formale Definition lässt sich sagen: Urlaubsabgeltung spielt immer dann eine Rolle, wenn Mitarbeitende ihren gesetzlichen Urlaub nicht mehr nehmen können. Für Arbeitgeber ist das relevant bei Austritten, Langzeiterkrankungen und in Branchen mit hoher Fluktuation.
Urlaubsabgeltung vs. Urlaubsanspruch
Viele Arbeitgeber verwechseln diese beiden Begriffe. Die wichtigsten Unterschiede:
| Urlaubsanspruch | Urlaubsabgeltung |
|---|---|
| Zeitliche Freistellung | Finanzielle Auszahlung |
| Pflicht im Arbeitsverhältnis | Ausnahme nur beim Austritt |
| Gesetzliche Mindestanforderung | Streng geregelt nach BUrlG |
| Ziel: Erholung | Ziel: Ausgleich nicht genommener Tage |
Gesetzliche Grundlage der Urlaubsabgeltung in Deutschland
Die zentrale rechtliche Basis ist § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Darin steht:
Urlaub soll im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine finanzielle Abgeltung ist nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis endet.
Weitere wichtige Rechtsquellen:
- EuGH- und BAG-Urteile, die regeln, wann Urlaub verfallen darf
- 15-Monatsfrist bei Langzeiterkrankungen
- Hinweis- und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers
Besonders entscheidend: Arbeitgeber müssen Mitarbeitende aktiv über Urlaubsverfall informieren. Andernfalls kann Urlaub nicht verfallen – und muss später abgegolten werden.
ℹ️ Prognose:
Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Arbeitnehmerrechten und gleichzeitiger steigender Komplexität bei Arbeitszeitmodellen (z. B. Teilzeit, Minijob, Schichtdienst) ist mittelfristig mit weiteren gerichtlichen Klarstellungen zu rechnen - eher durch Rechtsprechung als durch Gesetzesreform.
Arbeitgeber sollten daher ihre HR- und Zeiterfassungssysteme proaktiv auditieren, um Risiken zu minimieren.
Wann besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung?
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Ja – aber nur, wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann, etwa weil die Kündigungsfrist zu kurz ist. Bei längeren Fristen ist der Urlaub grundsätzlich freizugeben.
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Bei Langzeiterkrankung kann Urlaub übertragen werden – aber nur 15 Monate über das Kalenderjahr hinaus. Danach verfällt er. Kann der Mitarbeitende bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht arbeiten, besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
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Ja, ebenfalls in voller Höhe – proportional zu ihren Urlaubstagen.
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- Wenn Urlaub hätte genommen werden können, aber nicht beantragt wurde
- Bei freiwilligem Restverzicht (nicht empfohlen, arbeitsrechtlich riskant)
- Wenn der Verfall rechtswirksam eingetreten ist (selten, aber möglich)
Wie wird die Urlaubsabgeltung berechnet?
Berechnungsformel
In Deutschland basiert die Urlaubsabgeltung auf dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Urlaubsabgeltung = (Durchschnittsverdienst ÷ Arbeitstage) × Resturlaubstage
Einzubeziehen sind:
- Grundvergütung
- Zulagen (z. B. Nacht-/Schichtzuschläge)
- Umsatzbeteiligungen / Provisionen
Nicht einzubeziehen:
- Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, Boni)
- Spesen
Beispiele aus der Praxis
--> Beispiel 1: Vollzeitkraft
- Monatsgehalt: 3.000 €
- Ø Tagesverdienst (3.000 € ÷ 21 Arbeitstage): ~142 €
- Resturlaub: 5 Tage
→ Gesamt: 710 € Urlaubsabgeltung
--> Beispiel 2: Teilzeit (20 Std.)
- Monatsgehalt: 1.400 €
- Ø Tagesverdienst (1.400 € ÷ 21): ~67 €
- Resturlaub: 3 Tage
→ Gesamt: 201 €
--> Beispiel 3: Minijob
Hier erfolgt die Berechnung auf Basis des durchschnittlichen Stundenlohns.
Tabelle: Übersichtliche Berechnungsbeispiele
| Anstellungsart | Monatsverdienst | Resturlaub | Ø Tagesverdienst | Urlaubsabgeltung |
|---|---|---|---|---|
| Vollzeit | 3.000 € | 5 Tage | 142 € | 710 € |
| Teilzeit | 1.400 € | 3 Tage | 67 € | 201 € |
| Minijob (Stand: 2025) | 538 € | 2 Tage | 44 € | 88 € |
Häufige Fehler in der Praxis (und wie man sie vermeidet)
- 1. Fehlende Dokumentation von Arbeitszeiten
→ führt zu falschen Berechnungen und Nachzahlungsrisiken. - 2. Unklare Urlaubs- oder Verfallsregeln
→ Arbeitgeber müssen informieren – sonst bleibt Urlaub bestehen. - 3. Falsche Berechnung variabler Bestandteile
→ Zuschläge und Provisionen vergessen → rechtswidrig. - 4. Unsaubere Übergabe bei Austritt
→ Resturlaub erst nach Lohnabrechnung bemerkt = Fehlerquelle.
☑️ Praxisleitfaden für Arbeitgeber: So läuft Urlaubsabgeltung rechtssicher ab
Checkliste
Tipp: Mit Shiftbase werden Urlaubskonten, Abwesenheiten und Arbeitszeiten automatisch aktualisiert – dadurch reduzieren Sie Fehler und erfüllen rechtliche Nachweispflichten deutlich einfacher.
Digitale Unterstützung: Wie Software Urlaubsabgeltung vereinfacht
Subtil, aber relevant:
- Gesetzeskonforme Zeiterfassung → Grundlage für korrekte Berechnung
- Automatische Resturlaubsverwaltung
- Transparente Protokolle für Mitarbeitende
- Export für Lohnbuchhaltung
- Weniger Streitfälle durch klare Datenbasis
Häufig gestellte Fragen
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Ja - sie ist voll lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig.
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Ein freiwilliger Verzicht ist riskant und in vielen Fällen unwirksam.
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Arbeitgeber dürfen den Urlaubsanspruch kürzen, müssen aber richtig dokumentieren.
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Ja, grundsätzlich 3 Jahre – oft gilt der Anspruch aber länger, wenn Arbeitgeber ihre Mitwirkungspflichten verletzt haben.
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Nein.
Die Urlaubsabgeltung gehört nicht ins Zeugnis. Sie ist ein abrechnungsbezogener Vorgang und wird nur in der Endabrechnung, nicht im Arbeitszeugnis, festgehalten.

